Gott rufet noch
Strophe 1
Gott rufet noch: sollt ich nicht endlich hören?
Wie lass ich mich bezaubern und betören!
Die kurze Freud, die kurze Zeit vergeht,
und meine Seel noch so gefährlich steht
Strophe 2
Gott rufet noch: sollt ich nicht endlich kommen?
Ich hab so lang die treue Stimm vernommen;
ich wusst es wohl: ich war nicht, wie ich sollt;
Er winkte mir, ich habe nicht gewollt.
Strophe 3
Gott rufet noch; wie, dass ich mich nicht gebe!
Ich fürcht sein Joch und doch in Banden lebe;
ich halte Gott und meine Seele auf;
Er ziehet mich; mein armes Herze, lauf!
Strophe 4
Gott rufet noch; ob ich mein Ohr verstopfet,
Er stehet noch an meiner Tür und klopfet;
Er ist bereit, dass er mich noch empfang;
Er wartet noch auf mich; wer weiß, wie lang?
Strophe 5
Gib dich, mein Herz, gib dich nun ganz gefangen:
Wo willst du Trost, wo willst du Ruh erlangen?
Lass los, lass los; brich alle Band entzwei!
Dein Geist wird sonst in Ewigkeit nicht frei.
Strophe 6
Gott locket mich; nun länger nicht verweilet!
Gott will mich ganz; nun länger nicht geteilet!
Fleisch, Welt, Vernunft, sag immer, was du willst,
meins Gottes Stimm mir mehr als deine gilt.
Strophe 7
Ich folge Gott, ich will Ihm ganz genügen;
die Gnade soll im Herzen endlich siegen.
Ich gebe mich, Gott soll hinfort allein
und unbedingt mein Herr und Meister sein.
Strophe 8
Ach nimm mich hin, Du Langmut ohne Maße;
ergreif mich wohl, dass ich Dich nie verlasse.
Herr, rede nur, ich geb begierig acht;
führ, wie Du willst, ich bin in Deiner Macht!